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Skandaljournalismus über den Heiligenberg

Auch wenn ein Artikel an den Haaren herbei gezogen wird – die Presse- und Meinungsfreiheit deckt auch Absurdes … und ist gut so.
Aufräumarbeiten durch den Arbeitsdienst - Quelle: Heilgenbergverein.de
Die Neugestaltung der Website des Heiligenbergvereins stand am letzten Freitag (24.7.) auf der Tagesordnung. Schon Wochen zuvor war der Termin angesetzt und ich war eingeladen, die Website-Thematik in einer Präsentation vorzustellen, damit am Ende eine Entscheidung zur Neugestaltung herbeigeführt werden konnte.
Durch den zwei Tage zuvor erschienenen Artikel https://www.mb-media.de/index.php?artikel=32133 in den Heimatnachrichten waren die Emotionen angeheizt und erforderten eine kurze Aussprache über den Reißer „Felsberg wirbt mit NS-Architektur“.
Die Empörung über die Aufmachung war in der Runde allgegenwärtig und veranlasste mich später den Papiermüll in der blauen Tonne nach der besagten und bis dahin ungelesenen Ausgabe der Heimatnachrichten zu durchsuchen. Ich vermutete dort Details über unbekannte Werke Albert Speers in meinem Heimatort zu finden. Stattdessen war nur ein aktuelles Bild aus der Felsberg-Broschüre neben einem Bild vom Mai 1939 zu sehen. Darüber stand „Nazi-Freitreppe prangt auf Tourismus-Broschüre“.
Mit der gleichen Folgerichtigkeit kann der Verfasser auch über die Fahrer einer bekannten Automarke aus Wolfsburg schreiben: „Mit dem Auto aus der ursprünglich von Nazis gegründeten KdF-Fabrik fahren viele über Nazi-Autobahnen.“

Auch die am Heiligenberg vorbei führende Autobahn A7 wurde unter Mitwirkung von Nazi-Einheiten gebaut. Oberster Bauleiter für die Reichsautobahn war ein Nazi Namens Fritz Todt. Fast 4000 km Autobahn sind damals gebaut worden und sie werden in überarbeiteter Form bis heute genutzt. Da hätte Herr Bernhard schon die nächste fette Schlagzeile: „Nazi Schnellstraßen prangen auf Millionen Straßenkarten und Displays von GPS-Geräten“.
In einer weiteren Folge könnte sich Herr Bernhard als Nazi-Enthüllungsjournalist das Berliner Olympia-Stadion zur Überbrückung der nachrichtenarmen Saure-Gurken-Zeit vornehmen. Ein Riesenskandal harret der Veröffentlichung durch ihn. Dort, wo die Deutsche Mannschaft am 9. Juni 2006 gegen Costa Rica das Eröffnungsspiel zur Fußballweltmeisterschaft durchführte, zelebrierten 70 Jahre zuvor die Nazis die Überlegenheit der germanischen Sportler.
Er sollte in anderen Größenordnungen denken. Statt den Bürgermeister unserer Kleinstadt mit komischen Fragestellungen über Nazi-Freitreppen in Felsberg-Prospekten zu konfrontieren, könnte er den Berliner Ober-Bürgermeister zum Rücktritt auffordern, falls sich dieser nicht umgehend für die Entfernung aller Bilder des vorbelasteten Olympiastadions aus den Broschüren der Stadt Berlin einsetzt.
😉 Herr Bernhard hat dennoch seinen journalistischen Auftrag erfüllt. Ohne sein Machwerk, hätten sowohl ich, als auch viele andere Felsberger die Heimatnachrichten ungelesen in die blaue Tonne wandern lassen. Das Forum zur neu gestalteten Website seines Arbeitgebers wäre wohl auch nicht so intensiv genutzt worden… In diesem Sinne: „Viel Feind‘, viel Ehr‘“
oder „Wer viel Mist anhäuft, kann schon von weitem gerochen werden.“