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Kostenlose Bahn Rezension

Vor 2 Tagen war ich in Kassel zu Gast bei einem Seniorengeburtstag. Die älteren Herrschaften sind gut betucht und nutzen die Bahn jetzt häufiger als in früheren Jahrzehnten, weil die Sehschärfe abnimmt und das Autofahren langsam zum Stress wird.
Ich beteiligte mich auch am Gespräch und konnte von meiner Buchung und Platzreservierung über das Internet berichten. Das ist für viele Internet erfahrene Menschen eine tolle Sache und so werde ich jetzt immer die Bahnfahrten buchen. Am Tisch war man skeptisch, weil ältere Menschen relativ selten die nötigen Internetkenntnisse haben und daher ihre Bahnfahrkarten am liebsten auf althergebrachte Weise kaufen möchten. Das geht auch noch in größeren Bahnhöfen, aber in Kleinstädten gibt es nur noch Automaten und da tun sich ältere Kunden schwer, wenn nicht nur eine der Standardfahrkarten für den Nahbereich gekauft werden soll. Warum könnte die Bahn nicht in beliebten Seniorencafes jemandem vom Bedienpersonal einweisen, so dass dort kleine Hilfen bei der Buchung von Zugfahrten angeboten werden? Ein am Internet angeschlossener PC oder ein wLAN vernetztes Notebook könnte dort für die Buchung von Reisen bereitstehen. Der Platz könnte dann ein beliebter Seniorentreff werden, wo man sich gegenseitig schlau machen kann und nötigenfalls die Selbstbedienung bei der Buchung erklärt bekommt. Den abschließenden Klick zur Bestätigung des Fahrkartenkaufs per Kreditkarten sollte man die Senioren schon aus rechtlichen Gründen selbst machen lassen. Kaffee und Kuchen und nebenbei noch eine Bahnfahrt nach Baden-Baden mit Fahrplan, Platzreservierung und Fahrkarte drucken lassen, das wär’s doch. Wenn die Wartezeit etwas länger dauert als am Bahnhof, genehmigt man sich eben noch ein Stück Kuchen…
Gelästert wurde aber auch über die Bahn, z.B. dass man sich bei Wind nicht in der Nähe von Bahnhöfen aufhalten solle, weil Stahlträger herabstürzen könnten. Der nahe gelegene Wilhelmhöher Bahnhof war auch Gegenstand des Lästerns, weil kurz vor Inbetriebnahme festgestellt wurde, dass die WCs fehlen. Mittlerweile hat man noch welche an einer entlegenen Stelle eingebaut. Die Kasseler Bahnhofs-Säulenhalle mit Flachdeckel bleibt mir auch aus anderem Grund in Erinnerung: Wer wie ich ein paar Minuten Wartezeit im dafür vorgesehen Warteraum verbracht hat, der kennt den Ort mit der schlechtesten Akustik weit und breit. Ich frage mich, wo es die Bahn geschafft hat, ein derartig schlechtes Lautsprechersystem zu beschaffen oder musste ein Denkmal geschütztes Vorkriegsmodell weiter verwendet werden? Laut ist es ja und völlig übersteuert. Die Ansagen sind daher kaum für Einheimische verständlich, erst recht aber nicht für die demnächst eintreffenden ausländischen Besucher der Dokumenta. Sie werden sich wundern in welcher Sprache sie im Wilhelmshöher Warteraum angebellt werden. Andere Reisende hatten die Stöpsel ihres MP3 Players im Ohr, die hatte ich leider vergessen und konnte so meine Ohren nicht mit gefälligeren Klängen beschallen.
Aber vielleicht ist der Krach Absicht. Bei dieser Akustikkulisse würde sich kein Penner in den Warteraum verkriechen. – Als Recyclingmöglichkeit für die verwendete robuste Lautsprecheranlage bieten sich Felder und Weinberge an Rhein und Mosel an. Wenn man vor der Weinernte die Rebstöcke mit derartigen Ansagen beschallt, wird sich bestimmt kein Vogel zum Traubenstehlen niederlassen.
PS: Der Titel für diesen Beitrag wurde so gewählt, weil es mittlerweile immer mehr Blogs gibt, in denen bezahlte Beiträge geschrieben werden: Meinungsmarketing durch Trigami und dann gibt es noch das VW-Golf Blog von Horst Schlämmer

Mich bezahlt noch keiner  fürs bloggen, das BahnStattGolf-Blog gibt’s nicht 😉