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Erinnerungen an den 11.11.89

An den Tag heute vor 17 Jahren kann ich mich noch gut erinnern. Es war Samstag, unsere Tochter hatte ihren 10. Geburtstag und wir wohnten noch in der Heiligenröder Straße in Kassel in einer ehemaligen Gärtnerei mit eigenem Bunker im Garten. Gegenüber war ein großer, neuer Bahr Baumarkt und da wurde an diesem Tag die Ware knapp, weil große Anteile des Begrüßungsgeldes (100 DM) dort wieder vereinnahmt wurden. Mit einer Tankfüllung konnten die Trabbis und Wartburgs von der letzten Tankstelle in der DDR bis Kassel und zurück fahren. Manche hatten auch große Kanister mit Benzin für Zweitaktmotoren dabei. Bei Westwind konnten wir am Geruch und am Klang der Autos die Ost und West Fabrikate trotz der hohen Hecke unterscheiden. Wir empfanden die bläulichen Rauchschwaden aber nicht als Belästigung sondern als Sensation. Ein paar Tage später verfassten wir eine Kleinanzeige im Blick, das war eine kostenlose Werbezeitung. Wir waren an den Menschen der DDR interessiert, weil wir schon früher einige Male den kleinen Grenzverkehr für Tagesbesuche genutzt hatten. Dabei war es aber nicht möglich, private Gespräche zu führen. Die Menschen schauten bemüht unauffällig auf uns und waren scheu und hilfsbereit wenn man um Hilfe bat. Vor 21 Jahren waren wir das 1. Mal auf der Wartburg und konnten an einer Burgführung nur teilnehmen, weil sich zwei nette Damen an der Besucherkasse um unseren 7 Monate alten (schlafenden) Sohn kümmerten, während wir zum Lutherzimmer stiegen. Bei der anschließenden Ausreise aus der DDR wurden wir üblicherweise sehr intensiv kontrolliert. Die beiden DDR-Grenzpolizisten fanden in unserem Auto bei der Ausreise in Wartha zwei paar Babysocken, welche wir für den Zwangsumtausch erstanden hatten. Wir durften sie behalten, obwohl derartige Produkte eigentlich nicht ausgeführt werden durften.

Auf unsere Kleinanzeige im Winter 89/90 erhielten wir Zuschriften. Mit einigen Familien sind wir bis heute befreundet. Im letzten Winter sind wir gemeinsam mit Freunden aus Chemnitz auf der Loipe auf dem ehemaligen Todesstreifen in der Rhön Ski gelaufen – vor 18 Jahren noch völlig undenkbar – da hieß Chemnitz noch Karl-Marx-Stadt 😉