Mit dem Einsatz neuer Technologien kommen auch neue Bedrohungen. Die Entwicklung von Flugzeugen ermöglichte den Bombenkrieg. Hundert Jahre später ermöglicht das Internet den Cyberkrieg. Regeln für neue Kriegsformen kann man formulieren, aber niemand kann deren Einhaltung kontrollieren und garantieren.
Die Bombardierung unverteidigter Städte, Gebäude und Wohnstätten verstieß schon im 1. Weltkrieg gegen das Kriegsvölkerrecht. Darauf beruft sich Dieter Hoppe in seinem Beitrag „Anfänge des Luftkrieges im 1. Weltkrieg – Genfer Konvention und Haager Landkriegsordnung (HLKO)“. Der Herausgeber dieses Blogs (K. Rennert) hält jede Bombardierung von Zivilisten bewohnter Städte für völkerrechtlich nicht akzeptabel.
Schon wenige Tage nach Ausbruch des 1. Weltkrieges starben belgische Zivilisten durch deutsche Bomben auf Lüttich. Sie wurden noch von Hand aus dem Luftschiff „Zeppelin Z. VI“ abgeworfen. Belgien war zu Beginn des Krieges ein neutraler Staat und wurde von Deutschland überfallen, weil man hoffte, die gegnerischen Streitkräfte Frankreichs und Großbritanniens über diese Flanke zu besiegen. Demzufolge leisteten die Belgier Widerstand und verteidigten Lüttich. Bomben auf Lüttich zu werfen war nach dem Kriegsvölkerrecht kein Verbrechen. Monate später fielen dann auch erste Bomben auf deutsche Städte, die kein Frontgebiet waren. Durch ihre Bahnverbindungen boten diese Städte kriegswichtige Infrastruktur. Sie waren wichtige Knotenpunkte für Waffen- und Soldatentransporte auf dem Weg zur Front. Gründe für Angriffe oder einen Kriegseintritt lassen sich immer herleiten. Zivilisten aus unbeteiligten Staaten werden fast immer von Kampfhandlungen bedroht sein. Die Versenkung des Passagierschiffes Lusitania mit US-Zivilisten an Bord brachte die USA zum Kriegseintritt und verminderte damit die Siegerchancen der Mittelmächte im 1. Weltkrieg.
Seit dem Altertum war die Geschichtsschreibung immer die der Sieger. Den Verlierern wurde fast alles genommen, Kriegsverbrechen an ihnen waren üblich und blieben ungesühnt. Das ist heutzutage nicht mehr möglich, weil zu viele Beweise beseitigt werden müssten. Vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal landen jedoch nur Verlierer, weil man die Sieger nicht einfangen und vor Gericht stellen kann.
Dieter Hoppes neueste Abhandlung deutet an, wie Menschen seiner Generation über die Kampfhandlungen und deren Aufarbeitung denken. Die später Geborenen haben mehr zeitlichen Abstand zum Geschehen.
Die Regeln des Kriegsvölkerrechts sind Auslegungssache. Erlaubtes Töten von Feinden oder Verbrechen? Das wird auch bei den kommenden Cyberkriegen die Frage sein. Wer mit der Unterbrechung von Strom-, Wasser- und Energieversorgung den Feind bekämpft, wird dabei auch die lebenswichtigen Apparate für Frühgeborene und Kranke in den Kliniken ausschalten.
Einzig eine starke Welt- und Wertegemeinschaft könnte Kriegstreiber wirksam bestrafen. Das Recht des Stärkeren und nicht das Recht scheint derzeit die Oberhand zu gewinnen. Russen besetzen die Krim, Chinesen besetzen Inseln, die ihnen nicht gehören, in Syrien werfen viele Seiten Bomben, die hauptsächlich Zivilisten töten, heimatlos machen und nach Europa migrieren lassen.
Die Verwerfungen durch Flüchtlingsströme sind auch für uns eine Bedrohung, weil als deren Folge unser stabiles Parteiengefüge zerstört wird. Menschen hören verstärkt auf Populisten mit ihren scheinbar einfachen Lösungen. Populistische Strömungen des Nationalismus erhalten Zulauf.
Ein Attentäter löste den 1. Weltkrieges aus. Jeder ausländische Attentäter bringt den Rattenfängern im Lande neuen Zulauf. Das ist schlecht für Europa. Am Ende des 1. Weltkrieges gab es in Europa nur Verlierer deren neu entstandenen nationalistisch gesinnten antidemokratische Bewegungen unmittelbar zum nächsten Krieg führten. Mit Schuldzuweisungen lassen sich heutzutage leichter Wahlen gewinnen als mit den Visionen von Europäern wie Emmanuel Macron oder den Visionen der verstorbenen Politiker wie Robert Schuman, Willy Brandt und Helmut Kohl.