Zum Inhalt springen

Wuhan, Kant und die „Kritik der reinen Vernunft“

Die aus Wuhan kommende Seuche ist ein weiteres Fallbeispiel für von Kant beschriebenen Kausalitäten. Das Geschehen juckt uns mehr als wenn in China ein Sack Reis umfällt. Ein dauerhafter Schaden wird ebenso bleiben wie nach Tschernobyl  oder Fukushima. Der Name Wuhan wird damit in unserem Gedächtnis mit Katastrophen verankert.

Die Globalisierung und billige Flugverbindungen wirken beschleunigend bei den biologischen Kettenreaktionen. In der Physik besagt das Kausalitätsgesetz, dass es keine Wirkung ohne Ursache gibt. Krankheitserreger entwickeln sich lokal immer wieder neu, so wie in Wuhan. Schon seit der Steinzeit ist nachweisbar, wie sie über die Menschheit verteilt oder vorübergehend auf einem Kontinent isoliert werden können. Die Isolation wird durch die Globalisierung beendet.

Die Urbevölkerung Amerikas war nach der letzten Eiszeit von den miteinander verbundenen Kontinenten Asien, Europa und Afrika isoliert. In den 16.000 Jahren der Isolation bildeten sich in Amerika andere Seuchen aus als im Eurasisch-Afrikanischen Raum.

Nach 1492 wurde die Urbevölkerung nur zu einem geringen Teil von den Europäischen Eroberern dahingemetzelt. Das Massensterben setzte durch die eingeschleppten bis dahin unbekannten Infektionskrankheiten ein: Grippe. Masern, Mumps oder Pocken. Für die Urbevölkerung wirkten sie wie Biokampfstoffe.

Umgekehrt wurde aber auch der Rest der Welt durch die aus Amerika eingeschleppten Erreger in geringem Maße dahingerafft. Vor der Reise von Kolumbus nach Amerika gab es in Europa keine hochansteckende Form der Syphilis.

Das Coronavirus-2019-ncov wird in Zukunft viele neue wissenschaftliche Arbeiten ermöglichen: Wissenschaftliche Themen werden nicht nur die biologische Analyse, sondern auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit sein und die Professionalität, mit welcher Regierungen gehandelt haben.

Bei aller Panik sollte man bedenken, dass die Letalität gegenwärtig gering ist. Bis in wenigen Monaten ein Impfstoff verfügbar sein wird, wird nur ein geringer Anteil der Menschheit infiziert sein und nur ca. 2% der Infizierten werden daran sterben. Es ist viel wahrscheinlicher, dass man als Tourist durch ein Naturereignis wie Tsunami, Erdbeben, Wirbelstürme oder eine fehlerhafte Software im Flieger oder eine versehentlich abgeschossene Rakete zu Tode kommt.

Die Seuchenverbreitung wird durch billige Flugreisen unterstützt.

Früher konnten nur wenige Seeleute und Auswanderer mit Segelschiffgeschwindigkeit die Welt bereisen, heute jetten Millionen Menschen mit Billigflügen durch die Welt. In wenigen Stunden ist man mal eben zum Seminar in Deutschland aus China angereist – oder umgekehrt.

Wirtschaftswissenschaftler, Mediziner und Naturwissenschaftler werden im Nachgang das Auftauchen des Coronavirus-2019-ncov als einen globalen Großversuch bewerten, der Kants (1724-1804) Aussagen in der Kritik der reinen Vernunft bestätigt: „…so fängt in dieser Begebenheit sammt deren natürlichen Folgen ins Unendliche eine neue Reihe schlechthin an, obgleich der Zeit nach diese Begebenheit nur die Fortsetzung einer vorhergehenden Reihe ist. Denn diese Entschließung und That liegt gar nicht in der Abfolge bloßer Naturwirkungen und ist nicht eine bloße Fortsetzung derselben sondern die bestimmenden Naturursachen hören oberhalb derselben in Ansehung dieses Eräugnisses ganz auf, das zwar auf jene folgt, aber daraus nicht erfolgt und daher zwar nicht der Zeit nach, aber doch in Ansehung der Causalität ein schlechthin erster Anfang einer Reihe von Erscheinungen genannt werden muß….“

Verwunderlich wäre, wenn die Zusammenhänge keine Kausalkette erkennen ließe: Seuchenausbruch-Reisebeschränkung-Tourismus-Flugzeugproduktion-Aktienkurs-Arbeitslosigkeit-usw.

Quellenangaben:
https://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa03/312.html
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/mexiko-welche-seuche-dezimierte-die-urbevoelkerung-a-1187998.html
https://www.allgemeinarzt-online.de/praxisalltag/a/die-geschichte-der-franzosenkrankheit-1794060